Teppichparadigma und Tapetenwechsel

Bei der Beschäftigung mit der klassischen Moderne ist mir immer wieder aufgefallen, wie eng das Unterlaufen des Bildraums mit dem Einfügen des Ornaments verbunden ist. Gerade durch die gemalte Darstellung von Textilien – in Form von Teppichen, Kleidungsstücken, Tischdecken, Stofftapeten usw. – ergeben sich oft Oberflächen, die einer Tarnung gleich das Motiv überlagern. In der geplanten Studie soll es um eine Untersuchung dieses getarnten Bildraumes gehen, genauer gesagt um die Frage, wie sich das Ornament im Geflecht der Bildstruktur verortet. Die Rolle des Ornaments, hypothetisch zu erklären als Scharnier zwischen Motiv und Tarnung, ist dabei zentral um die Analyse voranzutreiben. Die vielfältigen Ausdrucksformen, die bei Künstlern wie Pierre Bonnard, Henri Matisse und Edouard Vuillard zu finden sind, bilden einen von zwei künstlerischen Schwerpunkten der Studie. Der zweite Teil der Untersuchung widmet sich der Kunst um 1970 und legt ein zentrales Gewicht auf Künstler, die das Ornament in Form von Textilien in ihre Bilder integrieren. Sigmar Polke zeigt z.B. in seinen Arbeiten verschiedene Möglichkeiten auf, die allerdings auch stark ironisch befrachtet sein können. Andere Künstler wiederum beschäftigen sich mit dem Raum des Bildes und greifen auf Textilien zurück, um die Bildfläche zu erweitern. Inwiefern diese Strategien mit Ansätzen der klassischen Moderne überlappen, ist genauer zu untersuchen.
Die Wahl der künstlerischen Beispiele wird dabei nicht in einen chronologischen Zusammenhang gesetzt, vielmehr soll an exemplarischen Werken gezeigt werden, wie eine formanalytische Analyse des textilen Ornaments im Verhältnis zur Bildstruktur zu entwickeln ist. So steht mit dem Ornament die Frage nach dem „Wie“, der Sichtbarkeit des Mediums, im Vordergrund, im Gegensatz zum „Was“, dem Dargestellten.